Badische Zeitung: Ein außergewöhnlicher, inspirierender Abend
In eine Welt der Feen und Zauberwesen entführte das dritte Konzert der Müllheimer Abo-Reihe. Und wieder hat Harald Schneider, der künstlerische Leiter und verantwortlich für das Programm, einen außergewöhnlichen, inspirierenden Abend offeriert. Die „Fee“ war leibhaftig erschienen in Gestalt der wunderbaren Sopranistin Regula Mühlemann. Mit glitzerndem Stirnreif im nachtblauen Gewand ein traumhaft schöner Anblick, die Stimme pures Gold, das auch in den höchsten Höhen seinen warmen Glanz nicht einbüßt. Das Ensemble „Chaarts Chamber Artists“ ordnete sich dieser Ausnahmeerscheinung freudig unter, agierte bei den Gesangsstücken als sensibler Partner mit gutem Gespür für das dramaturgische Ganze, gerade bei den Opernarien.
Zunächst hatten die Aargauer das Publikum auf die aus fernen Zauberwelten schöpfende Atmosphäre eingestimmt mit dem ersten Teil von Edvard Griegs Peer Gynt Suite, eingeleitet von der „Morgenstimmung“. Auch wenn diese Musik in tausendfacher Weise für kommerzielle Zwecke abgenudelt wird, birgt sie doch einen unvergleichlichen Glanz, den das Ensemble zu magischem Strahlen erweckte. Zehn Instrumente – ein Streichquartett, Flöte, Oboe und Klarinette als Holzbläsergruppe dazu eine Bassgruppe aus Fagott, Horn und Kontrabass – malten in feinen Farben die Schönheit der norwegischen Landschaft, klar, transparent, detailtreu. Später kam noch die Harfe als unverzichtbare Zutat für romantische Klangbilder.
Ein gültiger Gegenentwurf zum großen Symphonieorchester, der abgenutzte Hörgewohnheiten wie ein frischer Wind wegfegte. Die nordische Melancholie bei Åses Tod in schmeichelndem Moll, der Tanz Anitras mit perfekt inszenierten Streicherpizzicati als koboldhafte Episode, die in einen wilden Furor mündet, ein musikalischer Bilderbogen mit erzählerischer Kraft.
Der zweite Teil der Suite folgte nach der Pause: Ingrids Klage als berührender Monolog der Bratsche, luftige Piccolo-Arabesken als orientalische Prise, die Seefahrt Peer Gynts mit Sturmestoben und wilden Wellen und schließlich das Lied der Solveig, das Mühlemann dem Publikum später auch als „Ohrwurm des Abends“ als Zugabe auf den Heimweg mitgab.
Die vier aus verschiedenen Zyklen ausgewählten Lieder hat Grieg anscheinend für Regula Mühlemann persönlich komponiert. Ihr geschmeidiger und beweglicher Sopran mit dem jugendfrischen Timbre erklimmt mühelos höchste Höhen, ohne seine samtige Weichheit zu verlieren. Mit atemloser Spannung verfolgte das Publikum die weiteren Rollenwechsel der Sängerin als Fee in der Märchenoper „Cendrillon“, in der Jules Massenet die Aschenputtel-Geschichte aufgegriffen hat, als Nanetta aus Verdis Oper „Falstaff“, als Pamina aus Mozarts „Zauberflöte“ und als „Juliette“ aus der Oper „Roméo et Juliette“ von Charles Gounod, ein Bravourstück des Koloraturgesangs. Als besonderen Spaß inszenierten Ensemble und Sängerin die Arie der Olympia „Die Vögel im Laubengang“, aus „Hoffmanns Erzählungen“ von Jacques Offenbach: Die wunderschöne Akteurin ist bekanntlich eine Puppe, die immer wieder aufgezogen werden muss. In Müllheim besorgte dies der Hornist mit einem überdimensionalen Spielzeugschlüssel, wobei sich die nach vorne gesunkene „Puppe“ ruckartig unter allerlei knarzenden Geräuschen aufrichtete und gleich darauf mit munterem Geträller weitersang. Ein bezaubernder Abend mit musikalischen und gesanglichen Höchstleistungen. Begeisterungsstürme beim Schlussapplaus.